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Migration


Migration: die; -,-en 1. (biol.) dauerhafte Wanderung (Abwanderung und Einwanderung) und Durchzug ( Permigration, z.B. Vogelflug) in der Tierwelt 2. (phys.) Wanderung von flüssigen oder gasförmigen Stoffen in einem porösen Material (z.B. Weichmachern in Kunststoffen oder Erdöl in Gestein)


Migration, das Wort hat keinen guten Klang, klingt wie Migräne, verlockt nicht gerade zu einer Beschäftigung mit dem Thema. Doch das Versagen deutscher Ausbildungspolitik im Bereich der Informationstechnolgie bzw. die Wahrnehmung des Problems hat in jüngster Zeit Politiker und Wirtschaftsbosse dazu ermutigt, sich öffentlich zum Thema Einwanderung zu äußern. Die Greencard-Diskussion kratzt jedoch nur an der Oberfläche des Problems.

Sicher stimmt es, daß jetzt wichtige wirtschaftliche Prozesse im Gange sind, die über die künftige Wettbewerbsfähigkeit deutscher Firmen in einem ganz wichtigen Bereich entscheiden. Die Anwerbung von "Aushilfs"-Spezialisten kann das Schlimmste verhindern.

Dabei geht es zum einen um das Überleben und Wachsen der betreffenden Firmen, die, sobald ausgebildet, in Deutschland lebendenden Menschen einen Job geben werden. Zum anderen gibt es auch in Unternehmen aus der IT-Branche nicht nur Arbeitsplätze für Computer-Experten, sondern auch für Buchhalter, Pförtner, Kantinen-Köche und Manager etc. Jeder dringend benötigte ausländische Experte sichert oder schafft damit Arbeitsplätze im Inland. Kann er seine Familie mitbringen, wird er das meiste hier verdiente Geld auch hier ausgeben, und nicht zuletzt zahlt er Steuern.

Die öffentliche Diskussion kreist aber nicht darum, wie in Deutschland attraktive Rahmenbedingungen geschaffen werden können, um möglichst viele der dringend benötigten Fachkräfte für ein Leben in Deutschland begeistern zu können. Vielmehr scheint die größte Sorge zu sein, wie man sie wieder los wird, wenn man sie nicht mehr braucht.

Das ist nicht unmoralisch, aber dumm. An der Überlegung, einen zeitweisen Arbeitskräftemangel in einem Bereich durch die befristete Beschäftigung von ausländischen Fachkräften auszugleichen, die nach getaner Arbeit wieder in ihre Heimat zurückkehren, ist nichts verwerfliches. Sei es in ihrem Heimatland oder irgendwoanders auf der Welt -- mit ihrem Know-How (und ihrer nicht zuletzt auch in Deutschland gewonnen) Berufserfahrung werden sie Arbeit finden, um für sich und ihre Familien zu versorgen.

Dumm ist es aber gleich doppelt. Zum einen suchen sich die Experten angesichts dieser massiven "Gastfreundschaft" wohl lieber ein Land aus, in dem sie das Gefühl haben, willkommen zu sein und nicht nur geduldet. Zum anderen erscheint es mehr als unvernünftig, in einigen Jahren die dann hoffentlich erfolgreichen deutschen IT -Firmen zu zwingen, ihre erfahrendsten Mitarbeiter vor die Tür zu setzen.

Wie das Problem fehlender IT-Spezialisten gelöst wird, könnte von größter Tragweite sein. Abgesehen davon, daß auch heute schon nicht nur Computerfach-leute fehlen, sondern auch andere Branchen nach Greencards rufen, wird es in ungefähr 10 Jahren zu erheblichen Veränderungen kommen -- auf die eine oder andere Weise. Prognosen zur Bevölkerungsentwicklung lassen es als sehr wahrscheinlich gelten, daß es vom Jahr 2010 an einen gewaltigen Mangel an Arbeitskräften in Deutschland geben wird. Zusammen mit dem weiter steigenden Lebensalter der Menschen wird es nur durch großzügige Einwanderungs-regelungen möglich sein, den gewohnten Lebensstandard unserer Wohlstandsgesellschaft aufrechtzuerhalten. Vereinfacht könnte man es auf die Formel bringen: ohne Ausländer keine Rente.

Die allgemeine Stimmung im de facto Einwanderungs-Lande deutet jedoch nicht in Richtung verstärkter Einwanderung. Eher schon wird der traurige Rest des deutschen Asylrechts, von dem seit der Grundgesetzänderung 1993 nicht mehr viel übrig ist, zur gänzlichen Abschaffung vorgeschlagen. Nicht ganz so radikale Kräfte wollen Asyl- und Einwanderungsrecht dergestalt miteinander verknüpfen, daß eine Gesamtqoute übrig bleibt. Aber Menschlichkeit und Barmherzigkeit lassen sich nicht quotieren. Diese Bereiche sollten nicht vermengt werden. Geht es um Einwanderung, geht es um die Interessen Deutschlands. Das Recht auf Asyl hat jedoch den hilfsbedürftigen und schutzsuchenden Menschen im Blick.

Können solche Überlegungen noch als Minderheitenvotum gesehen werden, so zeigt zum Beispiel die vor einigen Monaten veröffentliche 13. Shell-Studie ganz deutlich, daß zumindest unter den Jugendlichen zwischen 15 und 24 Jahren nicht mit einer Zustimmung zu verstärkter Einwanderung zu rechnen ist. Fast zwei Drittel der Befragten meinte, der Ausländeranteil in Deutschland sei zu hoch, rund ein Drittel hielt ihn für "gerade richtig". Nur knapp zwei Prozent waren der Ansicht, es wären zu wenige Ausländer in Deutschland.

Oliver Springer




Netz:

     www.bundesauslaenderbeauftragte.de
     www.asf-ev.de
     www.jugendsozialarbeit.de/migration
     www.shell-jugend2000.de


NKN im Juli 2000


NKN #2 - 2000 (MAI)
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